Im Geschäftsleben muss man sich oft durchboxen. Doch mit jedem Fausthieb kommt man sich selber auch ein Stück näher. Boxen ist mehr als nur primitives Draufgehaue, es ist vielmehr ein idealer Weg für Manager, ihre Führungsfähigkeit zu verbessern.
Schweißtriefende Körper und blutüberströmte Gesichter, dazu eine johlende Menge, die nur daraufhin fiebert, dass einer der Kämpfer bewusstlos zu Boden geht: Beim Stichwort Boxen denken viele eher an solch hitzige Szenen als an die scheinbar kühle, rationale Welt des internationalen Geschäftslebens. Sicher, der Boxsport hat einiges von seinem einst schlechten Image verloren. Zu Managern in Schlips und Kragen scheint er aber nach wie vor schlecht zu passen. Ich sehe das allerdings ganz anders: Für mich ist Boxen nicht einfach nur ein guter sportlicher Ausgleich zum täglichen Arbeitsstress, sondern vielmehr der ideale Weg für Manager, ihre Fähigkeiten als Führungskraft zu verbessern.
Angst essen Manager auf
Manager im Boxring sind in den USA und Großbritannien tatsächlich nichts Neues mehr. Es gibt inzwischen eine International White Collar Boxing Association (IWCBA), der "Real Fight Club" in London hat etwa 1.600 Mitglieder - alles Manager, auch weibliche. Sie steigen mehrmals im Jahr vor Publikum in den Ring, die Einnahmen gehen an wohltätige Organisationen. In Deutschland erkenne ich zwar zunehmend faszinierte Reaktionen auf dieses "white-collar-boxing", aber noch viel zu wenige Nachahmer. Der Grund ist die extrem sicherheitsorientierte Mentalität deutscher Manager und ihre tiefsitzende Angst vor Veränderungen. Wer einmal in den Boxring gestiegen ist, der lernt nicht nur die Veränderung an sich, sondern sogar sekundenschnelle Veränderungsprozesse schätzen - und damit letztlich auch, die Angst vor der Veränderung zu überwinden: "Das Boxen lehrt, sich dieser Angst zu stellen, mit ihr zu kämpfen, nicht gegen sie. (...) Wie ein Mensch mit seiner Angst umgeht, gibt Aufschlüsse über ihn selbst - das gilt für das Boxen und das Management gleichermaßen."
Selbsterkenntnis per Faustschlag
Ich halte es beim Box-Coaching mit dem altgedienten deutschen Box-Promoter Wilfried Sauerland, der den tieferen Sinn dieser Sportart einmal so beschrieb: "In zwölf Runden lernen sich Boxer besser kennen, als so manche Menschen in zwölf Jahren im Büro." Dementsprechend geht es mir nicht darum, meinen Klienten beizubringen, wie sie ihre Gegner im Ring und im Geschäftsleben schnellstmöglich auf die Matte schicken. Das Zauberwort heißt für mich vielmehr Selbsterkenntnis: Im Ring erfahren meine Klienten so unmittelbar wie vielleicht nirgends sonst, wer sie wirklich sind und wo ihre Stärken und Schwächen liegen. So können sie gezielt an ihnen arbeiten. Am "Dem-Gegner-in-die-Augen-schauen-können" zum Beispiel. Oder daran, sich die Konsequenzen ihres Handelns vorher bewusst zu machen und nicht erst dann, wenn sie der linke Haken des Gegners getroffen hat, sprich, der lang geplante Deal geplatzt ist. So mancher deutsche Manager wäre tatsächlich gut beraten, würde er die Werte des Boxens verinnerlichen und praktisch umsetzen: Würde, Präzision, Mut und Selbstverantwortung genauso wie Zielstrebigkeit, Siegeswillen, Ehrlichkeit und Disziplin oder auch Selbstbeherrschung, Beharrlichkeit und Autonomie.